Nicht über, sondern mit der Zielgruppe sprechen
— Im Gespräch mit Michael Rahmfeld über erfolgreiche Messeauftritte und zeitgemäße Architekturkommunikation.

— Im Gespräch mit Michael Rahmfeld über erfolgreiche Messeauftritte und zeitgemäße Architekturkommunikation.
Wer Bauprodukte oder Interior Brands erfolgreich am Markt platzieren möchte, kommt an durchdachter Kommunikation nicht vorbei. Besonders dann nicht, wenn Architekt:innen im Fokus stehen. Michael Rahmfeld, Gründer und Geschäftsführer von hej.build, kennt diese Zielgruppe wie kaum ein anderer – nicht zuletzt, weil er selbst als Architekt gearbeitet hat.
Mit hej.build hat er eine umsetzungsorientierte Strategieberatung aufgebaut, die sich auf Marketing und Vertrieb im Bauwesen spezialisiert hat und dabei nicht nur aus Beratungsperspektive agiert, sondern auch aus dem Planungsalltag heraus denkt.
Im Gespräch gibt Michael Einblick in gelungene Messeauftritte, typische Fehler im Auftritt von Herstellern – und in die Rolle von Storytelling, Produktmustern und digitaler Kommunikation in einer zunehmend hybriden Welt.
Messen sind für viele Unternehmen der Baubranche ein zentrales Instrument der Kommunikation. Welche Bedeutung haben Messebauten und die Gestaltung des Standes für einen erfolgreichen Auftritt?
Michael Rahmfeld Für Architekt:innen sind Messestände weit mehr als reine Produktshows. Sie sind räumliche Statements, die Hersteller für die Inszenierung ihrer Marke auch entsprechend nutzen sollten. Ein gelungener Messestand übersetzt die Haltung des Herstellers in die Gestaltung des Standes und hat genügend Exponate zum Anfassen bereit. Wer also mit der Zielgruppe in den Austausch kommen möchte, sollte kein starres Produktportfolio zeigen und Werbebroschüren auslegen, sondern quasi eine Art »begehbares Argument« für die Marke schaffen.
Dazu zählen:
Ein Messeauftritt ist oft eine große Investition. Was macht ihn wirklich erfolgreich und sorgt dafür, dass Architekt:innen und Fachleute nicht nur kurz stehen bleiben, sondern in einen echten Austausch treten?
Michael Rahmfeld Der Erfolg hängt meist von der Qualität der Begegnung ab. Messen sind People Business und entscheidend dafür, ob ich stehen bleibe und mich in ein Gespräch vertiefe oder weiter ziehe und einen der weiteren 100 Stände angucke. Dennoch verpuffen Gespräche in der Nachbereitung. Der Schlüssel ist also, sowohl auf der Messe einen guten Austausch zu schaffen als auch nachträglich durch eine gute Messenachbereitung (Produktmuster, Mailstrecke, Terminvereinbarung) in Erinnerung zu bleiben.
Relevanz sticht dabei »Lautstärke« des Standes.
Wirksam sind:
Welche typischen Fehler treten bei Messeauftritten in der Baubranche auf?
Michael Rahmfeld Viele Hersteller gestalten ihre Stände aus der Innensicht heraus und nicht aus der Perspektive der Architekt:innen. Sie setzen auf Quantität und Masse statt auf Relevanz und Klarheit. Fehler, die wir beobachten, sind dabei u.a. überladene oder marktschreierische Botschaften ohne Beleg (oder Kenntnis des Standpersonals), »schlechte« Gestaltung, die die design-affine Zielgruppe nicht anspricht, mangelndes Knowhow des Standpersonals und vor allem keine Nachbereitung, die im Kopf bleibt.
Wie kann ein Messeauftritt so gestaltet werden, dass er gezielt Architekt:innen anspricht, sich aber gleichzeitig von der Kommunikation mit anderen Zielgruppen wie Investoren oder Projektentwicklern unterscheidet und für alle relevanten Fachleute Mehrwerte schafft?
Michael Rahmfeld Wir haben einen umfassenden Praxis-Guide bzw. eine Studie entwickelt, die sich allen relevanten Fragestellungen von Messen in der Baubranche widmet. Dort werden Strategien aufgezeigt, die allgemeine Relevanz der Messe eingeordnet und Handlungsempfehlung vor, während und nach der Messe getroffen.
Gab es ein Messeprojekt oder eine Markeninszenierung, die Dich besonders beeindruckt hat?
Michael Rahmfeld Ja, einige. Wir haben dazu einen Insight-Artikel auf unserer Website verfasst.
Die Art und Weise, wie über Architektur und Baukommunikation gesprochen wird, hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Welche großen Trends beobachtest Du – und wie beeinflussen sie die Praxis?
Michael Rahmfeld Da gibt es zwei Ebenen: Einerseits erwarten Architekt:innen auf der Produktebene wirklich reine Daten & Fakten ohne füllende Begleitinformationen. Sie wollen die Informationen, die sie für den Planungsalltag benötigen, ohne viel Schischi.
Auf der Markenebene sind Architekt:innen aber durchaus auch an Stories interessiert. Was macht die Marke besonders im Vergleich zu anderen? Was ist ihr besonderer Anspruch an Nachhaltigkeit (wenn er denn ernst gemeint ist). Kontext, Haltung und Relevanz gewinnen hier an Bedeutung.
Und auf beiden Ebenen sind Zeit und Aufmerksamkeit begrenzt. Es braucht eine Kommunikation, die konzentriert und zielgerichtet ist und einen klaren Nutzen für die Architekt:innen hat. Dazu gehören auch niedrigschwellige Zugänge und das herunterbrechen von komplexen Inhalten.
Welche Kanäle und Medienformate sind heute besonders wirkungsvoll, um Architekt:innen und Bauprofis zu erreichen? Welche Medien werden unterschätzt, und welche haben sich als besonders effizient erwiesen?
Michael Rahmfeld Die Mischung machts. Digitale und analoge Formate ergänzen sich aus unserer Sicht, wenn die Ziele dahinter klar formuliert und sie untereinander gut orchestriert sind.
Besonders wirkungsvoll sind und bleiben Produktmuster. Lasst die Planer:innen Produkte anfassen und dadurch erleben. Aber verpasst nicht die Chance, die Infos zu den Produkten crossmedial zu verknüpfen. Das geht beim QR-Code auf dem Musterrücken los bis hin zur gut gestalteten Produktseite im Weg und vielleicht einer inszenierten Fotoaufnahme des Produkts oder Materials als Postkarte.
Hier ist Kreativität gefragt. Wir würden keinesfalls die Empfehlung treffen: Verzichtet komplett auf Printprodukte und setzt nur noch auf Instagram, denn das wäre verkürzt. Instagram lohnt sich für Mitarbeiter:innenbindung, für Inspirationszwecke und fürs Teamgefüge. Pinterest ist inzwischen fest etabliertes Planungs- und Inspirationstool besonders für Innenarchitekt:innen und auf LinkedIn werden Entscheider und Projektentwickler erreicht.
Ein nach wie vor relevantes, aber oft nicht ausgeschöpftes Potenzial bieten Newsletter. Sie sind der einzige Own Media Kanal, der wirklich interaktiv und mit unterschiedlichen Leseebenen wichtige Infos an Verteiler streuen kann. Auch wenn man immer wieder hört »oh, nicht noch ein Newsletter«. Wenn er gut gemacht ist und zur richtigen Zeit im Posteingang wartet, kann das der entscheidende Schritt zur Kontaktaufnahme sein.
Welche neuen Technologien – von interaktiven Messekonzepten bis hin zu Augmented Reality – könnten in den nächsten Jahren die Wahrnehmung und Vermittlung von Architektur und Baukommunikation revolutionieren?
Michael Rahmfeld Nicht jede Innovation ist automatisch relevant. Neue Technologien wie die beschriebenen sind dann relevant, wenn sie sinnvoll eingesetzt sind und Inhalte besser und nachvollziehbarer machen. Ersetzen werden sie eine physische Messe oder Produktmuster aus unserer Sicht über kurz oder lang nicht. Aber es kann eine sehr sinnvolle Ergänzung sein bspw. in dem sie tiefere Produktinfos wie EPD, Nachhaltigkeitskenndaten etc. bietet, während ich das Produkt in der Hand halte.
Wie können soziale Medien in der Architekturkommunikation strategisch genutzt werden, um über reine Ästhetik hinauszugehen und inhaltliche Mehrwerte zu schaffen? Gibt es Plattformen oder Formate, die besonders gut funktionieren, um Architekt:innen und Entscheider:innen gezielt anzusprechen?
Michael Rahmfeld Da wäre zum Beispiel der Instagram-Kanal klimaform, den wir für einen unserer Kunden über diel letzten Jahre aufgebaut haben.. Und das ist nicht nur Eigenwerbung, sondern von DGNB, ArchitectsDarling und mehreren Zehntausend Follower:innen bestätigt. Der Kanal funktioniert so gut, weil er zunächst produkt- und herstellerunabhängig agiert und ein relevantes Thema adressiert: Nachhaltigkeit in der Baubranche verstehen, ohne Fachbücher zu wälzen. Auch dazu gibt es einen Insight-Artikel.
Visuelle Assets spielen eine zentrale Rolle in der Architektur- und Baukommunikation. Welche Rolle spielen visuelle Medien in Deiner Arbeit, und welche Formate sind besonders wirkungsvoll, um Architekt:innen und Bauprofis zu erreichen?
Michael Rahmfeld Wir sind bspw. große Fans der visuellen Referenzaufbereitung. Erzähle eine Story des Projekts, in dem du es in Bewegtbild verpackst, Stimmen dazu einfängst und die Atmosphäre aufzeigst. Beispielsweise haben wir für Wienerberger eine Referenz an einem Content Creation Tag aufbereitet und in einen Dreiminüter verwandelt. Dabei kombinieren wir atmosphärische Eindrücke aus dem Weg mit immer wieder auftauchenden Stimmen der Expert:innen, Akteur:innen und Planer:innen.Der emotionale Einstieg und Titel »Die Farben Kölns« haben bei der Zielgruppe wunderbar funktioniert.
Die Kommunikation in der Architektur- und Baubranche richtet sich oft an Fachpublikum, bleibt aber für die breite Öffentlichkeit unzugänglich. Wie kann Architekturkommunikation so gestaltet werden, dass sie sowohl Fachleute als auch Bauherren und die breite Öffentlichkeit erreicht?
Michael Rahmfeld Architekturkommunikation birgt ja insgesamt das Potenzial, Brücken zu bauen zwischen den unterschiedlichen Akteur:innen am Bau und der breiten Öffentlichkeit. Häufig wird sie aber entweder zu technisch oder zu beliebig.
Was also hilft:
Wenn Du eine grundlegende Veränderung in der Architekturkommunikation sofort umsetzen könntest – welche wäre das und warum?
Michael Rahmfeld Weniger senden und mehr fragen. Das bezieht sich vor allem auf die Teams von Bauproduktherstellern. Tretet in den Austausch, fragt bei der Zielgruppe nach. Nicht zuletzt deshalb haben wir unseren hej.build Architekturbeirat gegründet, um eben genau diese Brücke zu schaffen. Der Beirat mit renommierten Expert:innen ist eins unserer wichtigsten Tools in der strategischen Beratung von Herstellern.
Sofort umsetzen also: Miteinander reden, Problem verstehen und dann erst eine Lösung anbieten und kommunizieren.
Wie siehst Du die Zukunft der Architektur- und Baukommunikation in den nächsten 5-10 Jahren?
Michael Rahmfeld Die nächsten Jahre werden noch komplexer, Stichwort ESG, Zirkularität, Digitalisierung, KI etc. und der gleichzeitige Wunsch nach Klarheit und Orientierungshilfen. Wichtiger wird also umso mehr sein, sich vorher zu überlegen, welche Botschaft man eigentlich senden möchte und diese in einem geeigneten Format und mit den richtigen Worten zu verpacken, um gesehen und gehört zu werden und nicht in der Kommunikationsflut unterzugehen.
Architektur sichtbar zu machen, heißt für uns mehr als gute Bilder zu produzieren. Wir glauben an ganzheitliche Kommunikation – an mutige Marken, starke Haltungen und klare Botschaften. Deshalb sprechen wir mit Menschen, die genau das tun: Baukultur kommunizieren. Unsere Interviews geben Einblicke in zeitgemäße Strategien, inspirierende Perspektiven und persönliche Erfahrungen aus der Praxis – immer mit Blick auf Architektur, Immobilien, Städtebau und die Kommunikation dahinter.
Wir wollen zeigen, wie Marken in der Bau- und Immobilienbranche heute überzeugen – nicht nur durch gute Architektur, sondern durch gute Kommunikation.
Als Architekturfotografen und Content-Partner gestalten wir visuelle Kommunikation mit. Wir wissen, wie entscheidend das Zusammenspiel aus Bild, Sprache und Strategie ist – und beraten unsere Kund*innen genau an dieser Schnittstelle.
Als Fotografen und Content-Partner gestalten wir visuelle Kommunikation mit. Wir wissen, wie entscheidend das Zusammenspiel aus Bild, Sprache und Strategie ist – und beraten unsere Kund*innen genau an dieser Schnittstelle.